%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%% % Mitschrieb vom 09.01.2014 % %%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%% \chapter{Euklidische und nichteuklidische Geometrie} \begin{definition} Das Tripel $(X, d, G)$ heißt genau dann eine \textbf{Geometrie}\xindex{Geometrie}, wenn $(X, d)$ ein metrischer Raum und $\emptyset \neq G \subseteq \powerset{X}$ die Menge aller \textbf{Geraden}\xindex{Gerade} ist. \end{definition} \section{Axiome für die euklidische Ebene} Axiome\xindex{Axiom} bilden die Grundbausteine jeder mathematischen Theorie. Eine Sammlung aus Axiomen nennt man Axiomensystem\xindex{Axiomensystem}. Da der Begriff des Axiomensystems so grundlegend ist, hat man auch ein paar sehr grundlegende Forderungen an ihn: Axiomensysteme sollen \textbf{widerspruchsfrei} sein, die Axiome sollen möglichst \textbf{unabhängig} sein und \textbf{Vollständigkeit} wäre auch toll. Mit Unabhängigkeit ist gemeint, dass kein Axiom sich aus einem anderem herleiten lässt. Dies scheint auf den ersten Blick eine einfache Eigenschaft zu sein. Auf den zweiten Blick muss man jedoch einsehen, dass das Parallelenproblem, also die Frage ob das Parallelenaxiom unabhängig von den restlichen Axiomen ist, über 2000 Jahre nicht gelöst wurde. Ein ganz anderes Kaliber ist die Frage nach der Vollständigkeit. Ein Axiomensystem gilt als Vollständig, wenn jede Aussage innerhalb des Systems verifizierbar oder falsifizierbar ist. Interessant ist hierbei der Gödelsche Unvollständigkeitssatz, der z.~B. für die Arithmetik beweist, dass nicht alle Aussagen formal bewiesen oder widerlegt werden können. Kehren wir nun jedoch zurück zur Geometrie. Euklid hat in seiner Abhandlung \enquote{Die Elemente} ein Axiomensystem für die Geometrie aufgestellt. \textbf{Euklids Axiome} \begin{itemize} \item \textbf{Strecke} zwischen je zwei Punkten \item Jede Strecke bestimmt genau eine \textbf{Gerade} \item \textbf{Kreis} (um jeden Punkt mit jedem Radius) \item Je zwei rechte Winkel sind gleich (Isometrie, Bewegung) \item Parallelenaxiom von Euklid:\xindex{Parallelenaxiom}\\ Wird eine Gerade so von zwei Geraden geschnitten, dass die Summe der Innenwinkel zwei Rechte ist, dann schneiden sich diese Geraden auf der Seite dieser Winkel.\\ \\ Man mache sich klar, dass das nur dann nicht der Fall ist, wenn beide Geraden parallel sind und senkrecht auf die erste stehen. \end{itemize} \begin{definition}\xindex{Ebene!euklidische}%In Vorlesung: Definition 14.2 Eine \textbf{euklidische Ebene} ist ein metrischer Raum $(X,d)$ zusammen mit einer Teilmenge $\emptyset \neq G \subseteq \powerset{X}$, sodass die Axiome~\ref{axiom:1}~-~\ref{axiom:4} erfüllt sind: \begin{enumerate}[label=§\arabic*),ref=§\arabic*] \item \textbf{Inzidenzaxiome}\xindex{Inzidenzaxiome}:\label{axiom:1} \begin{enumerate}[label=(\roman*),ref=\theenumi{} (\roman*)] \item \label{axiom:1.1} Zu $P \neq Q \in X$ gibt es genau ein $g \in G$ mit $\Set{P, Q} \subseteq g$. \item \label{axiom:1.2} $|g| \geq 2 \;\;\; \forall g \in G$ \item \label{axiom:1.3} $X \notin G$ \end{enumerate} \item \textbf{Abstandsaxiom}\xindex{Abstandsaxiom}: Zu $P, Q, R \in X$ gibt es \label{axiom:2} genau dann ein $g \in G$ mit $\Set{P, Q, R} \subseteq g$, wenn gilt: \begin{itemize}[] \item $d(P, R) = d(P, Q) + d(Q, R)$ oder \item $d(P, Q) = d(P, R) + d(R, Q)$ oder \item $d(Q, R) = d(Q, P) + d(P, R)$ \end{itemize} \end{enumerate} \end{definition} \begin{definition} \begin{defenum} \item $P, Q, R$ liegen \textbf{kollinear}\xindex{kollinear}, wenn es $g \in G$ gibt mit $\Set{P, Q, R} \subseteq g$. \item $Q$ \textbf{liegt zwischen}\xindex{liegt zwischen} $P$ und $R$, wenn $d(P, R) = d(P, Q) + d(Q, R)$ \item \textbf{Strecke}\xindex{Strecke} $\overline{PR} := \Set{Q \in X | Q \text{ liegt zwischen } P \text{ und } R}$ \item \textbf{Halbgeraden}\xindex{Halbgerade}:\\ $PR^+ := \Set{Q \in X | Q \text{ liegt zwischen } P \text{ und } R \text{ oder } R \text{ liegt zwischen } P \text{ und } Q}$\\ $PR^- := \Set{Q \in X | P \text{ liegt zwischen } Q \text{ und } R}$\\ \end{defenum} \end{definition} \begin{figure}[htp] \centering \input{figures/topo-halbgerade.tex} \caption{Halbgeraden} \label{fig:halbgeraden} \end{figure} \begin{bemerkung} \begin{bemenum} \item $PR^+ \cup PR^- = PR$ \item $PR^+ \cap PR^- = \Set{P}$ \end{bemenum} \end{bemerkung} \begin{beweis}\leavevmode \begin{enumerate}[label=(\roman*)] \item \enquote{$\subseteq$} folgt direkt aus der Definition von $PR^+$ und $PR^-$\\ \enquote{$\supseteq$}: Sei $Q \in PR \Rightarrow P, Q, R$ sind kollinear.\\ $\overset{\ref{axiom:2}}{\Rightarrow} \begin{cases} Q \text{ liegt zwischen } P \text{ und } R \Rightarrow Q \in PR\\ R \text{ liegt zwischen } P \text{ und } Q \Rightarrow Q \in PR\\ P \text{ liegt zwischen } Q \text{ und } R \Rightarrow Q \in PR \end{cases}$ \item \enquote{$\supseteq$} ist offensichtlich\\ \enquote{$\subseteq$}: Sei $PR^+ \cap PR^-$. Dann ist $d(Q,R) = d(P,Q) + d(P,R)$ weil $Q \in PR^-$ und \begin{align*} &\left \{ \begin{array}{l} d(P,R) = d(P,Q) + d(Q,R) \text{ oder }\\ d(P,Q) = d(P,R) + d(R,Q) \end{array} \right \}\\ &\Rightarrow d(Q,R) = 2d(P,Q) + d(Q,R)\\ &\Rightarrow d(P,Q) = 0\\ &\Rightarrow P=Q\\ &d(P,Q) = 2d(P,R) + d(P,Q)\\ &\Rightarrow P=R\\ &\Rightarrow \text{Widerspruch} \end{align*} \end{enumerate} \end{beweis} \begin{definition} \begin{enumerate}[label=§\arabic*),ref=§\arabic*,start=3] \item \label{axiom:3}\textbf{Anordnungsaxiome}\xindex{Anordnungsaxiome} \begin{enumerate}[label=(\roman*),ref=\theenumi{} (\roman*)] \item \label{axiom:3.1} Zu jedem $P \in X$ jeder Halbgerade $H$ mit Anfangspunkt $P$ und jedem $r \in \mdr_{\geq 0}$ gibt es genau ein $Q \in H$ mit $d(P,Q) = r$. \item \label{axiom:3.2} Jede Gerade zerlegt $X \setminus g = H_1 \dcup H_2$ in zwei nichtleere Teilmengen $H_1, H_2$, sodass für alle $A \in H_i$, $B \in H_j$ mit $i,j \in \Set{1,2}$ gilt: $\overline{AB} \cap g \neq \emptyset \Leftrightarrow i \neq j$.\\ Diese Teilmengen $H_i$ heißen \textbf{Halbebenen}\xindex{Halbebene} bzgl. $g$. \end{enumerate} \item \label{axiom:4}\textbf{Bewegungsaxiom}\xindex{Bewegungsaxiom}: Zu $P, Q, P', Q' \in X$ mit $d(P,Q) = d(P', Q')$. Isometrien $\varphi_1, \varphi_2$ mit $\varphi_i (P) = P'$ und $\varphi_i(Q) = Q', i=1,2$ (Spiegelung an der Gerade durch $P$ und $Q$ ist nach Identifizierung von $P \cong P'$ und $Q \cong Q'$ eine weitere Isometrie.) \item \label{axiom:5}\textbf{Parallelenaxiom}: Für jedes $g \in G$ und jedes $P \in X \setminus g$ gibt es höchstens ein $h \in G$ mit $h \cap g = \emptyset$.\footnote{$h$ heißt \enquote{Parallele zu $g$ durch $P$}.} \end{enumerate} \end{definition} %%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%% % Mitschrieb vom 14.01.2014 % %%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%% \begin{satz}[Satz von Pasch]\label{satz:pasch} %In Vorlesung: Bemerkung 14.5 Seien $P$, $Q$, $R$ nicht kollinear, $g \in G$ mit $g \cap \Set{P, Q, R} = \emptyset$ und $g \cap \overline{PQ} \neq \emptyset$. Dann ist entweder $g \cap \overline{PR} \neq \emptyset$ oder $g \cap \overline{QR} \neq \emptyset$. \end{satz} Dieser Satz besagt, dass Geraden, die eine Seite eines Dreiecks (also nicht nur eine Ecke) schneiden, auch eine weitere Seite scheiden. \begin{beweis} $g \cap \overline{PQ} \neq \emptyset$\\ $\overset{\mathclap{\ref{axiom:3.2}}}{\Rightarrow} P$ und $Q$ liegen in verschiedenen Halbebenen bzgl. $g$\\ $\Rightarrow$ \obda $R$ und $P$ liegen in verschieden Halbebenen bzgl. $g$\\ $\Rightarrow g \cap \overline{RP} \neq \emptyset$ \end{beweis} \begin{bemerkung}\label{kor:beh3} Sei $P, Q \in X$ mit $P \neq Q$ sowie $A, B \in X \setminus PQ$ mit $A \neq B$. Außerdem seien $A$ und $B$ in der selben Halbebene bzgl. $PQ$ sowie $Q$ und $B$ in der selben Halbenebe bzgl. $PA$. Dann gilt: $PB^+ \cap \overline{AQ} \neq \emptyset$ \end{bemerkung} \begin{figure}[htp] \centering \input{figures/geometry-5.tex} \caption{Situation aus \cref{kor:beh3}} \label{fig:bild-5} \end{figure} Auch \cref{kor:beh3} lässt sich Umgangssprachlich sehr viel einfacher ausdrücken: Die Diagonalen eines konvexen Vierecks schneiden sich. \begin{beweis}%In Vorlesung: Behauptung 3 Sei $P' \in PQ^-, P' \neq P$ $\overset{\cref{satz:pasch}}{\Rightarrow} PB$ schneidet $\overline{AP'} \cup \overline{AQ}$ Sei $C$ der Schnittpunkt. Dann gilt: \begin{enumerate}[label=(\roman*)] \item $C \in PB^+$, denn $A$ und $B$ liegen in derselben Halbebene bzgl. $PQ = P'Q$, also auch $\overline{AP'}$ und $\overline{AQ}$. \item $C$ liegt in derselben Halbebene bzgl. $PA$ wie $B$, weil das für $Q$ gilt. $\overline{AP'}$ liegt in der anderen Halbebene bzgl. $PA \Rightarrow C \notin \overline{P'A} \Rightarrow C \in \overline{AQ}$ \end{enumerate} Da $C \in PB^+$ und $C \in \overline{AQ}$ folgt nun direkt: $\emptyset \neq \Set{C} \subseteq PB^+ \cap \overline{AQ} \qed$ \end{beweis} \begin{bemerkung}\label{kor:14.6}%In Vorlesung: Bemerkung 14.6 Seien $P, Q \in X$ mit $P \neq Q$ und $A, B \in X \setminus PQ$ in der selben Halbebene bzgl. $PQ$. Außerdem sei $d(A,P)=d(B,P)$ und $d(A, Q) = d(B, Q)$. Dann ist $A = B$. \end{bemerkung} \begin{figure}[htp] \centering \input{figures/geometry-2.tex} \caption{\cref{kor:14.6}: Die beiden roten und die beiden blauen Linien sind gleich lang. Intuitiv weiß man, dass daraus folgt, dass $A = B$ gilt.} \label{fig:bild-2} \end{figure} \begin{beweis} durch Widerspruch\\ \underline{Annahme}: $A \neq B$ Dann ist $B \notin (PA \cup QA)$ wegen \ref{axiom:2}. \begin{figure}[ht] \centering \subfloat[1. Fall]{ \input{figures/geometry-3.tex} \label{fig:bild-3} }% \subfloat[2. Fall]{ \input{figures/geometry-4.tex} \label{fig:bild-4} }% \label{Formen} \caption{Fallunterscheidung aus \cref{kor:14.6}} \end{figure} \underline{1. Fall}: $Q$ und $B$ liegen in derselben Halbebene bzgl. $PA$ $\overset{\cref{kor:beh3}}{\Rightarrow} PB^+ \cap \overline{AQ} \neq \emptyset$. Sei $C$ der Schnittpunkt vom $PB$ und $AQ$. Dann gilt: \begin{enumerate}[label=(\roman*)] \item $d(A, C) + d(A, Q) = d(B, Q) < d(B, C) + d(C, Q) \Rightarrow d(A, C) < d(B, C)$ \label{enum:komischer-beweis-i} \item \begin{enumerate}[label=\alph*)] \item $B$ liegt zwischen $P$ und $C$. $d(P,A) + d(A, C) > d(P,C) = d(P,B) + d(B,c) = d(P,A) + d(B,C)$ $\Rightarrow d(A,c) > d(B,C) \Rightarrow$ Widerspruch zu \cref{enum:komischer-beweis-i} \item $C$ liegt zwischen $P$ und $B$ $d(P,C) + d(C,A) > d(P,A) = d(P,B) = d(P,C) + d(C, B)$\\ $\Rightarrow d(C, A) > d(C, B)$\\ $\Rightarrow$ Widerspruch zu \cref{enum:komischer-beweis-i} \end{enumerate} \end{enumerate} \underline{2. Fall}: $Q$ und $B$ liegen auf verscheiden Halbebenen bzgl. $PA$. Dann liegen $A$ und $Q$ in derselben Halbebene bzgl. $PB$. Tausche $A$ und $B \Rightarrow$ Fall 1 $\qed$ \end{beweis} \begin{bemerkung}\label{kor:beh2'} Sei $(X, d, G)$ eine Geometrie, die \ref{axiom:1}~-~\ref{axiom:3} erfüllt und $\varphi$ eine Isometrie mit $\varphi(P) = P$ und $\varphi(Q) = Q$. Dann gilt $\varphi(S) = S\;\;\;\forall S \in PQ$. \end{bemerkung} \begin{beweis} \begin{align} \text{\Obda sei } S \in \overline{PQ} &\Leftrightarrow d(P,Q) = d(P,S) + d(S,Q)\\ &\overset{\varphi \in \Iso(X)}{\Rightarrow} d(\varphi(P),\varphi(Q)) = d(\varphi(P),\varphi(S)) + d(\varphi(S),\varphi(Q))\\ &\overset{P, Q \in \Fix(\varphi)}{\Rightarrow} d(P, Q) = d(P,\varphi(S)) + d(\varphi(S), Q)\\ &\Rightarrow \varphi(S) \text{ liegt zwischen } P \text{ und } Q \text{. Es gilt } d(P, \varphi(S)) = d(P,S)\\ &\overset{\ref{axiom:3.1}}{\Rightarrow} \varphi(S) = S \end{align} $\qed$ \end{beweis} \begin{proposition}%In Vorlesung: Satz 14.4 In einer Geometrie, die \ref{axiom:1}~-~\ref{axiom:3} erfüllt, gibt es zu $P, P', Q, Q'$ mit $d(P, Q) = d(P', Q')$ höchstens zwei Isometrien mit $\varphi(P) = P'$ und $\varphi(Q) = Q'$ Aus den Axiomen folgt, dass es in den Situation \ref{axiom:4} höchstens zwei Isometrien mit $\varphi_i(P) = P'$ und $\varphi_i(Q) = Q'$ gibt. \end{proposition} \begin{beweis} Seien $\varphi_1, \varphi_2, \varphi_3$ Isometrien mit $\varphi_i(P) = P'$, $\varphi_i(Q) = Q'$, $i=1,2,3$ \begin{behauptung}[1] $\exists R \in X \setminus PQ$ mit $\varphi_{1} (R) = \varphi_{2} (R)$. \end{behauptung} \begin{behauptung}[2] Hat $\varphi$ 3 Fixpunkte, die nicht kollinear sind, so ist $\varphi = \id_X$. \end{behauptung} Aus Beh.~1 und Beh.~2 folgt, dass $\varphi_2^{-1} \circ \varphi_1 = \id_X$, also $\varphi_2 = \varphi_1$, da $P$, $Q$ und $R$ in diesem Fall Fixpunkte sind. \begin{beweis}\leavevmode \begin{behauptung} Sind $P \neq Q$ Fixpunkte einer Isometrie, so ist $\varphi(R) = R$ für jedes $R \in PQ$. \end{behauptung} \begin{beweis}[von Beh. 2 mit \cref{kor:beh2'}] Seien $P$, $Q$ und $R$ Fixpunkte von $\varphi$, $R \in PG$ und $A \notin \overline{PQ} \cup \overline{PR} \cup \overline{QR}$. Sei $B \in \overline{PQ} \setminus \Set{P, Q}$. Dann ist $\varphi(B) = B$ wegen \cref{kor:beh2'}. Ist $R \in AB$, so enthält $AB$ 2 Fixpunkte von $\varphi$ $\overset{\cref{kor:beh2'}}{\Rightarrow} \varphi(A) = A$. \begin{figure}[htp] \centering \input{figures/geometry-1.tex} \caption{$P, Q, R$ sind Fixpunkte, $B \in \overline{PQ} \setminus \Set{P,Q}$, $A \notin PQ \cup PR \cup QR$} \label{fig:geometry-1} \end{figure} Ist $R \notin AB$, so ist $AB \cap \overline{PR} \neq \emptyset$ oder $AB \in \overline{RQ} \neq \emptyset$ nach \cref{satz:pasch}. Der Schnittpunkt $C$ ist dann Fixpunkt von $\varphi'$ nach \cref{kor:beh2'} $\Rightarrow \varphi(A) = A$. \end{beweis} \begin{beweis}[von Beh. 1] Sei $R \in X \setminus PQ$. Von den drei Punkten $\varphi_1(R), \varphi_2(R), \varphi_3(R)$ liegen zwei in der selben Halbebene bzgl. $P'Q' = \varphi_i(PQ)$. \Obda seien $\varphi_1(R)$ und $\varphi_2(R)$ in der selben Halbebene. Es gilt: \begin{align} d(P', \varphi_1(R)) &= d(\varphi_1(P), \varphi_1(R))\\ &= d(P, R)\\ &= d(\varphi_2(P), \varphi_2(R))\\ &= d(P', \varphi_2(R))\\ &= d(Q', \varphi_2(R)) \end{align} und analog $d(Q', \varphi_1(R)) = d(Q', \varphi_2(R))$ \end{beweis} \end{beweis} \end{beweis} \begin{bemerkung} Mit \ref{kor:14.6} lassen sich die Kongruenzsätze für Dreiecke, wie man sie aus der Schule kennt, beweisen. \end{bemerkung} \begin{proposition}\label{prop:14.7}%In Vorlesung: Proposition 14.7 Sei $(X, d, G)$ eine Geometrie mit den Axiomen \ref{axiom:1}~-~\ref{axiom:4}. Dann gibt es zu jedem $g \in G$ und jedem $P \in X \setminus g$ ein $h \in G$ mit $P \in h$ und $g \cap h \neq \emptyset$. \end{proposition} \begin{figure}[htp] \centering \input{figures/geometry-6.tex} \caption{Situation aus \cref{prop:14.7}} \label{fig:bild-6} \end{figure} \begin{beweis} Sei $f \in G$ mit $P \in f$. Ist $f \cap g = \emptyset$, so setze $h := f$. Andernfalls sei $\Set{Q} : = f \cap g$. Sei $\varphi$ die eindeutige Isometrie mit $\varphi(Q) = P$, $\varphi(P) = P'$, die die Halbebenen bzgl. $f$ nicht vertauscht. Setze $h := \varphi(g)$. \underline{Z.~Z.:} $h \cap g = \emptyset$. Andernfalls sei $\Set{R} = h \cap g$. \end{beweis} \begin{bemerkung} Jeder Innenwinkel eines Dreiecks ist kleiner als alle nicht-anliegenden Außenwinkel. \end{bemerkung} %%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%% % Mitschrieb vom 16.01.2014 % %%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%% \begin{beweis} Sei $\varphi$ die Isometrie, die $Q$ auf $P$ und $P$ auf $P'$ mit $P' \in f, d(P,P') = d(P, Q)$ abbildet und die Halbebenen bzgl. $f$ erhält. \end{beweis} \begin{behauptung}[Herz]\label{beh:herz} $\varphi(g) \cap g = \emptyset$ \end{behauptung} \begin{beweis} Ist $\varphi(g) \cap g \neq \emptyset$, so ist $R$ der Schnittpunkt. \end{beweis} \begin{figure}[htp] \centering \input{figures/geometry-7.tex} \caption{Skizze zu \cref{beh:herz}} \label{fig:bild-6} \end{figure} \begin{definition}\label{def:14.8}%In Vorlesung: 14.8 \begin{defenum} \item \label{def:14.8a} Ein \textbf{Winkel}\xindex{Winkel} ist ein Punkt $P \in X$ zusammen mit $2$ Halbgeraden mit Anfangspunkt $P$.\\ Man schreibt: $\angle R_1 P R_2$ bzw. $\angle R_2 P R_1$\footnote{Für dieses Skript gilt: $\angle R_1 P R_2 = \angle R_2 P R_1$. Also sind insbesondere alle Winkel $ \leq 180^\circ$.} \item Zwei Winkel sind \textbf{gleich}, wenn es eine Isometrie gibt, die den einen Winkel auf den anderen abbildet. \item \label{def:14.8c} $\angle R_1' P' R_2'$ heißt \textbf{kleiner} als $\angle R_1 P R_2$, wenn es eine Isometrie $\varphi$ gibt, mit $\varphi(P) = P'$, $\varphi(PR'_1+) = P' R_1 +$ und $\varphi(R_2')$ liegt in der gleichen Halbebene bzgl. $PR_1$ wie $R_2$ und in der gleichen Halbebene bzgl. $PR_2$ wie $R_1$ \item \label{def:14.8d} Im Dreieck $\triangle PQR$ gibt es Innenwinkel und Außenwinkel. \end{defenum} \end{definition} \begin{figure}[ht] \centering \subfloat[$\angle R_1' P' R_2'$ ist kleiner als $\angle R_1 P R_2$, vgl. \cref{def:14.8c}]{ \input{figures/smaller-angle.tex} \label{fig:def.14.8.1} }% \subfloat[{\color{green} Innenwinkel} und {\color{blue} Außenwinkel} in $\triangle PQR$, vgl. \cref{def:14.8d}]{ \input{figures/interiour-exteriour-angles-triangle.tex} \label{fig:def.14.8.2} } \label{fig:def.14.8.0} \caption{Situation aus \cref{def:14.8}} \end{figure} \begin{bemerkung}\label{bem:14.9}%In Vorlesung: Bemerkung 14.9 In einem Dreieck ist jeder Innenwinkel kleiner als jeder nicht anliegende Außenwinkel. \end{bemerkung} \begin{figure}[htp] \centering \input{figures/geometry-9.tex} \caption{Situation aus \cref{bem:14.9}} \label{fig:bem.14.9} \end{figure} \begin{beweis} Zeige $\angle PRQ < \angle RQP'$. Sei $M$ der Mittelpunkt der Strecke $\overline{QR}$. Sei $A \in MP^-$ mit $d(P,M) = d(M,A)$. Es gilt: $d(Q,M) = d(M,R)$ und $d(P,M) = d(M,A)$ sowie $\angle PMR = \angle AMQ \Rightarrow \triangle MRQ$ ist kongruent zu $\triangle AMQ$, denn eine der beiden Isometrien, die $\angle PMR$ auf $\angle AMQ$ abbildet, bildet $R$ auf $Q$ und $P$ auf $A$ ab. $\Rightarrow \angle MQA = \angle MRP = \angle QRP = \angle PRQ$. Noch zu zeigen: $\angle MQA < \angle RQP'$, denn $A$ liegt in der selben Halbebene bzgl. $PQ$ wie $M$. \end{beweis} \begin{beweis}[von \cref{prop:14.7}] Wäre $\varphi(g)$ nicht parallel zu $g$, so gäbe es einen Schnittpunkt $R$. Dann ist $\angle QPR < \angle RQP^-$ nach \cref{bem:14.9} und $\angle QPR = \angle RQP^-$, weil $\varphi(\angle RQP') = \angle RPQ$ \end{beweis} \begin{folgerung}\label{folgerung:14.10}%In Vorlesung: Folgerung 14.10 Die Summe zweier Innenwinkel in einem Dreieck ist kleiner als $\pi$, d.~h. es gibt eine Isometrie $\varphi$ mit $\varphi(Q) = P$ und $\varphi(QP^+) = PR^+$, sodass $\varphi(R)$ in der gleichen Halbebene bzgl. $PQ$ liegt wie $R$. \end{folgerung} \begin{beweis} Die Summe eines Innenwinkels mit den anliegenden Außenwinkeln ist $\pi$, d.~h. die beiden Halbgeraden bilden eine Gerade. \end{beweis} \begin{figure}[htp] \centering \includegraphics[width=0.4\linewidth, keepaspectratio]{figures/Spherical_triangle_3d_opti.png} \caption{In der sphärischen Geometrie gibt es, im Gegensatz zur euklidischen Geometrie, Dreiecke mit drei $90^\circ$-Winkeln.} \label{fig:bem.14.9} \end{figure} \begin{proposition}\label{prop:14.11}%In Vorlesung: Proposition 14.11 In einer Geometrie mit den Axiomen \ref{axiom:1}~-~\ref{axiom:4} ist in jedem Dreieck die Summe der Innenwinkel $\leq \pi$. \end{proposition} Sei im Folgenden \enquote{IWS} die \enquote{Innenwinkelsumme}. \begin{beweis} Sei $\triangle$ ein Dreieck mit $\IWS(\triangle) = \pi + \varepsilon$ \begin{figure}[ht] \centering \subfloat[Summe der Winkel $\alpha$, $\beta$ und $\gamma$]{ \resizebox{0.4\linewidth}{!}{\input{figures/three-angles.tex}} \label{fig:prop14.11.1} }% \subfloat[Situation aus \cref{prop:14.11}]{ \resizebox{0.4\linewidth}{!}{\input{figures/geometry-8.tex}} \label{fig:prop14.11.2} } \label{fig:prop14.11.0} \caption{Situation aus \cref{prop:14.11}} \end{figure} Sei $\alpha$ ein Innenwinkel von $\triangle$. \begin{behauptung} Es gibt ein Dreieck $\triangle'$ mit $\IWS(\triangle') = \IWS(\triangle)$ und einem Innenwinkel $\alpha' \leq \frac{\alpha}{2}$. Dann gibt es für jedes $n$ ein $\triangle_n$ mit $\IWS(\triangle_n) = \IWS(\triangle)$ und Innenwinkel $\alpha' \leq \frac{\alpha}{2^n}$. Für $\frac{\alpha}{2^n} < \varepsilon$ ist dann die Summe der beiden Innenwinkel um $\triangle_n$ größer als $\pi \Rightarrow$ Widerspruch zu \cref{folgerung:14.10}. \end{behauptung} \begin{beweis}[der Behauptung] Sei $M$ der Mittelpunkt $\overline{RC}$ und $A' \in MA^-$ mit $d(A', M) = d(A, M) \Rightarrow \triangle(MA'C)$ und $\triangle(MAB)$ sind kongruent. $\Rightarrow \angle ABM = \angle A'CM$ und $\angle MA'C = \angle MAB$. $\Rightarrow \alpha + \beta + \gamma =\IWS(\triangle ABC) = \IWS(\triangle AA'C)$ und $\alpha_1 + \alpha_2 = \alpha$, also \obda $\alpha_1 \leq \frac{\alpha}{2}$ \end{beweis} \end{beweis} %%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%% % Mitschrieb vom 21.01.2014 % %%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%% \begin{bemerkung}\label{bem:14.12}%In Vorlesung: Bemerkung 14.12 In einer euklidischen Ebene ist in jedem Dreieck die Innenwinkelsumme gleich $\pi$. \end{bemerkung} \begin{figure}[htp] \centering \input{figures/triangle-2.tex} \caption{Situation aus \cref{bem:14.12}} \label{fig:14.12} \end{figure} \begin{beweis} Sei $g$ eine Parallele von $AB$ durch $C$. \begin{itemize} \item Es gibt $\alpha' = \alpha$ wegen \cref{prop:14.7}. \item Es gibt $\beta' = \beta$ wegen \cref{prop:14.7}. \item Es gibt $\alpha'' = \alpha'$ wegen \cref{ub11:aufg1}. \end{itemize} $\Rightarrow \IWS(\triangle ABC) = \gamma + \alpha'' + \beta' = \pi$ \end{beweis} \section{Weitere Eigenschaften einer euklidischen Ebene} \subsection{Strahlensatz} \begin{satz} In ähnlichen Dreiecken sind Verhältnisse entsprechender Seiten gleich. \end{satz} \begin{figure}[htp] \centering \input{figures/hyberbolische-geometrie-2.tex} \caption{Strahlensatz} \label{fig:bild-2} \end{figure} \begin{beweis} TODO \end{beweis} \begin{figure}[htp] \centering \input{figures/triangle-similar.tex} \caption{Die Dreiecke $\triangle ABC$ und $\triangle AB'C'$ sind ähnlich.} \label{fig:bild-3} \end{figure} \subsection{Flächeninhalt} \begin{definition} \enquote{Simplizialkomplexe} in euklidischer Ebene $(X,d)$ heißen \textbf{flächengleich}\xindex{Simplizialkomplexe!flächengleiche}, wenn sie sich in kongruente Dreiecke zerlegen lassen. \end{definition} \begin{figure}[ht] \centering \subfloat[TODO]{ \input{figures/rectangle-2.1.tex} \label{fig:bild-4} }% \subfloat[TODO]{ \input{figures/rectangle-2.2.tex} \label{fig:bild-5} }% \label{fig:flaechengleichheit} \caption{Flächengleichheit} \end{figure} Der Flächeninhalt eines Dreiecks ist $\nicefrac{1}{2} \cdot \text{Grundseite} \cdot \text{Höhe}$. \begin{figure}[htp] \centering \input{figures/todo.tex} \caption{Flächenberechnung im Dreiecks} \label{fig:flaechenberechnung-dreieck} \end{figure} \underline{Zu zeigen:} Unabhängigkeit von der gewählten Grundseite. \begin{figure}[htp] \centering \input{figures/triangle-3.tex} \caption{$\triangle ABL_a$ und $\triangle C{L_C}B$ sind ähnlich, weil $\IWS = \pi$} \label{fig:flaechenberechnung-dreieck-2} \end{figure} $\overset{\text{Strahlensatz}}{\Rightarrow} \frac{a}{h_c} = \frac{c}{h_a} \rightarrow a \cdot h_a = c \cdot h_c$ \begin{satz}[Satz des Pythagoras] Im rechtwinkligen Dreieck gilt $a^2 + b^2 = c^2$, wobei $c$ die Hypothenuse und $a, b$ die beiden Katheten sind. \end{satz} \begin{figure}[ht] \centering \subfloat[$a,b$ sind Katheten und $c$ ist die Hypothenuse]{ \input{figures/pythagoras.tex} \label{fig:pythagoras-bezeichnungen} }% \subfloat[Beweisskizze]{ \input{figures/pythagoras-2.tex} \label{fig:bild-5} }% \label{fig:flaechengleichheit} \caption{Satz des Pythagoras} \end{figure} \begin{beweis} $(a+b) \cdot (a+b) = a^2 + 2ab + b^2 = c^2 +4 \cdot (\frac{1}{2} \cdot a \cdot b)$ \end{beweis} \begin{satz}\label{satz:14.13} %In Vorlesung: Satz 14.13 Bis auf Isometrie gibt es genau eine euklidische Ebene, nämlich $X=\mdr^2$, $d = \text{euklidischer Abstand}$, $G = \text{Menge der üblichen Geraden}$. \end{satz} \begin{beweis}\leavevmode \begin{enumerate}[label=(\roman*)] \item $(\mdr^2, d_\text{Euklid})$ ist offensichtlich eine euklidische Ebene. \item Sei $(X,d)$ eine euklidische Ebene und $g_1, g_2$ Geraden in $X$, die sich in einem Punkt $0$ im rechten Winkel schneiden. Sei $X$ der Fußpunkt des Lots von $P$ auf $g_1$ (vgl. \cref{ub11:aufg3.c}). Sei $Y$ der Fußpunkt des Lots von $P$ auf $g_2$. Setze $h(P) := (x_P, y_P)$ mit $x_P := d(X, 0)$ und $y_P := d(Y, 0)$. \begin{figure}[ht] \centering \subfloat[Schritt 1]{ \resizebox{0.45\linewidth}{!}{\input{figures/coordinate-system-1.tex}} \label{fig:14.13.1} }% \subfloat[Schritt 2]{ \resizebox{0.45\linewidth}{!}{\input{figures/coordinate-system-2.tex}} \label{fig:14.13.2} }% \label{fig:14.13.0.1} \caption{Beweis zu \cref{satz:14.13}} \end{figure} Dadurch wird $h:X \rightarrow \mdr^2$ auf dem Quadranten definiert, in dem $P$ liegt (d.~h. $\forall Q \in X \text{ mit } \overline{PQ} \cap g_1 = \emptyset = \overline{PQ} \cap g_2$) Fortsetzung auf ganz $X$ durch konsistente Vorzeichenwahl. \begin{behauptung}[1] $h$ ist surjektiv \end{behauptung} \begin{behauptung}[2] $h$ ist abstandserhaltend ($\rightarrow$ injektiv) \end{behauptung} \begin{beweis}[von 1] Sei $(x, y) \in \mdr^2$, z.~B. $x \geq 0, y \geq 0$. Sei $P' \in g_1$ mit $d(0, P') = x$ und $P'$ auf der gleichen Seite von $g_2$ wie $P$. \end{beweis} \begin{beweis}[von 2] \begin{figure}[ht] \centering \subfloat[Schritt 1]{ \resizebox{0.45\linewidth}{!}{\input{figures/coordinate-system-2.tex}} \label{fig:14.13.3} }% \subfloat[Schritt 2 (Bild 13)]{ \resizebox{0.45\linewidth}{!}{\input{figures/todo.tex}} \label{fig:14.13.4} }% \label{fig:14.13.0.2} \caption{Beweis zu \cref{satz:14.13}} \end{figure} Zu Zeigen: $d(P, Q) = d(h(P), h(Q))$ $d(P, Q)^2 \overset{\text{Pythagoras}}{=} d(P, R)^2 + d(R, Q)^2 = (y_Q - y_P)^2 + (x_Q - x_P)^2$. $h(Q) = (x_Q, y_Q)$ \end{beweis} \end{enumerate} \end{beweis} %%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%% % Mitschrieb vom 23.01.2014 % %%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%% \section{Hyperbolische Geometrie} \begin{definition} Sei \[\mdh:= \Set{z \in \mdc | \Im(z) > 0} = \Set{(x,y) \in \mdr^2 | y > 0}\] die obere Halbebene bzw. Poincaré-Halbebene und $G = G_1 \cup G_2$ mit \begin{align*} G_1 &= \Set{g_1 \subseteq \mdh | \exists m \in \mdr, r \in \mdr_{>0}: g_1 = \Set{z \in \mdc : |z-m|=r}}\\ G_2 &= \Set{g_2 \subseteq \mdh | \exists x \in \mdr: g_2 = \Set{z \in \mdc: \Re(z) = x} \cap \mdh} \end{align*} Die Elemente von $\mdh$ heißen \textbf{hyperbolische Geraden}\xindex{Gerade!hyperbolische} \end{definition} \begin{bemerkung}[Eigenschaften der hyperbolischen Geraden] Die hyperbolischen Geraden erfüllen\dots \begin{bemenum} \item \dots die Inzidenzaxiome \ref{axiom:1} \item \dots das Anordnungsaxiom \ref{axiom:3.2} \item \dots nicht das Parallelenaxiom \ref{axiom:5} \end{bemenum} \end{bemerkung} \begin{beweis}\leavevmode \begin{enumerate}[label=\alph*), ref=\theproposition (\alph*)] \item Offensichtlich sind \ref{axiom:1.3} und \ref{axiom:1.2} erfüllt. Für \ref{axiom:1.1} gilt:\\ Gegeben $z_1, z_2 \in \mdh$\\ \textbf{Existenz:} $\Re(z_1) = \Re(z_2)$ $\Rightarrow z_1$ und $z_2$ liegen auf \[g = \Set{z \in \mdc | \Re(z) = \Re(z_1) \land \mdh}\] \begin{figure}[ht] \centering \subfloat[Fall 1]{ \resizebox{0.45\linewidth}{!}{\input{figures/hyperbolische-geometrie-axiom-1-1.tex}} \label{fig:hyperbolische-geometrie-axiom-1-1} }% \subfloat[Fall 2]{ \resizebox{0.45\linewidth}{!}{\input{figures/hyperbolische-geometrie-axiom-1-2.tex}} \label{fig:hyperbolische-geometrie-axiom-1-2} }% \label{fig:hyperbolische-geometrie-axiom-1-0} \caption{Zwei Punkte liegen in der hyperbolischen Geometrie immer auf genau einer Geraden} \end{figure} \item TODO \item Siehe \cref{fig:hyperbolische-halbebene-axiom-5}. \begin{figure}[htp] \centering \input{figures/hyperbolic-geometry-not-parallel.tex} \caption{Hyperbolische Geraden erfüllen \ref{axiom:5} nicht.} \label{fig:hyperbolische-halbebene-axiom-5} \end{figure} \end{enumerate} \end{beweis} \begin{proposition}%In Vorlesung: Proposition 15.2 \begin{propenum} \item Die Gruppe $\SL_2(\mdr)$ operiert auf $\mdh$ durch \[\sigma(z):= \begin{pmatrix}a & b\\c & d\end{pmatrix} \circ z := \frac{az + b}{cz + d}\] \item Es ist $\sigma(z) = (-\sigma)(z)$ für alle $\sigma \in \SL_2(\mdr)$ und $z \in \mdh$. Daher operiert $\PSL_2(\mdr) = \SL_2(\mdr) /_{(\pm I)}$ auf $\mdh$. \item $\PSL_2(\mdr)$ operiert auf $\mdr \cup \Set{\infty}$. Diese Gruppenoperation ist 3-fach transitiv, d.~h. zu $x_0 < x_1 < x_\infty \in \mdr$ gibt es genau ein $\sigma \in \PSL_2(\mdr)$ mit $\sigma(x_0) = 0$, $\sigma(x_1) = 1$, $\sigma(x_\infty) = \infty$ \item \label{prop:15.2d} $\SL_2(\mdr)$ wird von den Matrizen \[\begin{pmatrix}\lambda & 0\\ 0 & \lambda^-1\end{pmatrix}, \lambda \in \mdr \;\;\; \begin{pmatrix}1 & a\\ 0 & 1\end{pmatrix}, a \in \mdr\;\;\; \begin{pmatrix}0 & 1\\-1 & 0\end{pmatrix}\] erzeugt \item \label{prop:15.2e} $\PSL_2(\mdr)$ operiert auf $G$ \end{propenum} \end{proposition} \begin{beweis}\leavevmode \begin{enumerate}[label=\alph*)] \item Sei $z = x + \iu y \in \mdh$, d.~h. $y>0$ und $\sigma=\begin{pmatrix}a&b\\c&d\end{pmatrix} \in \SL_2(\mdr)$ \todo{Hier stimmt was nicht} \begin{align} \Rightarrow \sigma(z) &= \frac{ax + aiy + b}{cx + ciy +d}\\ &= \frac{ax + aiy + b}{cx + c \iu y +d} \cdot \frac{cx+d-\iu y}{cx+d-\iu y}\\ &= \frac{\Re(...) + \iu (aycx + ayd - axy - yb)}{(cx+d)^2 + (cy)^2}\\ &= \frac{\Re(...) + \iu (ad-bc)y}{(cx+d)^2 + (cy)^2}\\ &\overset{\mathclap{\SL_2(\mdr)}}{=} \frac{\Re(...) + \iu y}{(cx+d)^2 + (cy)^2} \end{align} $\Rightarrow \Im(\sigma(z)) = \frac{y}{(cx+d)^2 + (cy)^2} > 0$ \item TODO b) \item Ansatz: $\sigma = \begin{pmatrix}a & b\\c & d\end{pmatrix}$ $\sigma(x_0) = \frac{ax_0 + b}{c x_0 + d} \overset{!}{=} 0$ $\Rightarrow a x_0 + b = 0 \Rightarrow b = -a x_0$\\ $\sigma(x_\infty) = \infty \Rightarrow c x_\infty + d = 0 \Rightarrow d = - x_\infty$\\ $\sigma(x_1) = 1 \Rightarrow a x_1 + b = c x_1 + d$\\ $a (x_1 - x_0) = c (x_1 - x_\infty) \Rightarrow c = a \frac{x_1 - x_0}{x_1 - x_\infty}$\\ $\Rightarrow - a^2 \cdot x_\infty \frac{x_1 - x_0}{x_1 - x_\infty} + a^2 x_0 \frac{x_1 - x_0}{x_1 - x_\infty} = 1$\\ $\Rightarrow a^2 \frac{x_1 - x_0}{x_1 - x_\infty} (x_0 - x_\infty) = 1$ $\Rightarrow a^2 = \frac{x_1 - x_\infty}{(x_1 - x_\infty) (x_1 - x_0)}$ \item TODO d) \item Es genügt die Aussage für Matrizen aus \cref{prop:15.2d} zu zeigen. \begin{itemize} \item $\sigma = \begin{pmatrix}\lambda & 0\\ 0 & \lambda^{-1}\end{pmatrix}$, also $\sigma(z) = \lambda^2 z$. Daraus ergeben sich die Situationen, die in \cref{fig:prop15.2.e.fall1.1} und \cref{fig:prop15.2.e.fall1.2} dargestellt sind. \begin{figure}[ht] \centering \subfloat[Fall 1]{ \resizebox{0.45\linewidth}{!}{\input{figures/hyberbolische-geometrie-1.tex}} \label{fig:prop15.2.e.fall1.1} }% \subfloat[Fall 2 (Strahlensatz)]{ \resizebox{0.45\linewidth}{!}{\input{figures/hyberbolische-geometrie-2.tex}} \label{fig:prop15.2.e.fall1.2} }% \label{fig:prop15.2.e.fall1.0} \caption{Beweis von \cref{prop:15.2e} für eine Diagonalmatrix} \end{figure} \item Offensichtlich gilt die Aussage für $\sigma = \begin{pmatrix}1 & a\\0 & 1\end{pmatrix}$ \item Sei nun $\sigma = \begin{pmatrix}0 & 1\\-1 & 0\end{pmatrix}$, also $\sigma(z) = - \frac{1}{z}$ \begin{figure}[htp] \centering \input{figures/inversion-am-kreis.tex} \caption{Inversion am Kreis} \label{fig:inversion-am-kreis} \end{figure} \end{itemize} \end{enumerate} \end{beweis} % Die Übungsaufgaben sollen ganz am Ende des Kapitels sein. \input{Kapitel4-UB}