%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%% % Mitschrieb vom 09.01.2014 % %%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%% \chapter{Euklidische und Nichteuklidische Geometrie} \section{Axiome for die euklidische Ebene} \begin{itemize} \item Grundbegriife \item Axiome \item Sätze \end{itemize} \textbf{Wünschenswerte Eigenschaften:} \begin{itemize} \item widerspruchsfrei $\rightarrow$ Gödelscher Unvollständigkeitssatz \item unabhängigkeit: Kein Axiom lässt sich aus einem anderem herleiten \item vollständigkeit: Jede Aussage lässt sich mit Schlussfolgerungen aus dem Axiomensystem verifizieren oder falsifizieren \end{itemize} \textbf{Euklids Axiome} \begin{itemize} \item \textbf{Strecke} zwischen je zwei Punkten \item Jede Strecke bestimmt genau eine \textbf{Gerade} \item \textbf{Kreis} (um jeden Punkt mit jedem Radius) \item Je zwei rechte Winkel sind gleich (Isometrie, Bewegung) \item Parallelenaxiom: Euklid:\\ Wird eine Gerade so von zwei Geraden geschnitten, dass die Summe der Innenwinkel zwei Rechte ist, dann schneiden sich diese Geraden auf der Seite dieser Winkel. \todo[inline]{Bild} Man mache sich klar, dass das nur dann nicht der Fall ist, wenn beide Geraden parallel sind und senkrecht auf die erste stehen. \end{itemize} \begin{definition}\xindex{Ebene!euklidische}%In Vorlesung: Definition 14.2 Eine \textbf{euklidische Ebene} ist ein metrischer Raum $(X,d)$ zusammen mit einer Teilmenge $G \subseteq \powerset{X}$, sodass die Axiome~\ref{axiom:1}~-~IV erfüllt sind: \begin{enumerate}[label=§\arabic*),ref=§\arabic*] \item \enquote{Inzidenzaxiome}:\label{axiom:1} \begin{enumerate}[label=(\roman*),ref=\theenumi{} (\roman*)] \item Zu $P \neq Q \in X$ gibt es genau ein $g \in G$ mit $\Set{P, Q} \subseteq g$. \item $|g| \geq 2 \;\;\; \forall g \in G$ \item $X \in G$ \end{enumerate} \item \enquote{Abstandsaxiom}: Zu $P, Q, R \in X$ gibt es \label{axiom:2} genau dann ein $g \in G$ mit $\Set{P, Q, R} \subseteq g$, wenn gilt: \begin{itemize}[] \item $d(P, R) = d(P, Q) + d(Q, R)$ oder \item $d(P, Q) = d(P, R) + d(R, Q)$ oder \item $d(Q, R) = d(Q, P) + d(P, R)$ \end{itemize} \end{enumerate} \end{definition} \begin{definition} \begin{enumerate}[label=\alph*)] \item $P, Q, R$ liegen \textbf{kolinear}\xindex{kolinear}, wenn es $g \in G$ gibt mit $\Set{P, Q, R} \subseteq g$. \item $Q$ \textbf{liegt zwischen}\xindex{liegt zwischen} $P$ und $R$, wenn $d(P, R) = d(P, Q) + d(Q, R)$ \item $\overline{PR} := \Set{Q \in X | Q \text{ liegt zwischen } P \text{ und } R}$ \item $PR^+ := \Set{Q \in X | Q \text{ liegt zwischen } P \text{ und } R \text{ oder } R \text{ liegt zwischen } P \text{ und } Q}$\\ $PR^- := \Set{Q \in X | P \text{ liegt zwischen } Q \text{ und } R}$\\ \end{enumerate} \end{definition} \begin{korollar} \begin{enumerate}[label=(\roman*)] \item $PR^+ \cup PR^- = PR$ \item $PR^+ \cap PR^- = \Set{P}$ \end{enumerate} \end{korollar} \begin{beweis}\leavevmode \begin{enumerate}[label=(\roman*)] \item \enquote{$\subseteq$} folgt direkt aus der Definition von $PR^+$ und $PR^-$\\ \enquote{$\supseteq$}: Sei $Q \in PR \Rightarrow P, Q, R$ sind kolinear.\\ $\stackrel{\ref{axiom:2}}{\Rightarrow} \begin{cases} Q \text{ liegt zwischen } P \text{ und } R \Rightarrow Q \in PR\\ R \text{ liegt zwischen } P \text{ und } Q \Rightarrow Q \in PR\\ P \text{ liegt zwischen } Q \text{ und } R \Rightarrow Q \in PR \end{cases}$ \item \enquote{$\supseteq$} ist offensichtlich\\ \enquote{$\subseteq$}: Sei $PR^+ \cap PR^-$. Dann ist $d(Q,R) = d(P,Q) + d(P,R)$ weil $Q \in PR^-$ und \begin{align*} &\left \{ \begin{array}{l} d(P,R) = d(P,Q) + d(Q,R) \text{ oder }\\ d(P,Q) = d(P,R) + d(R,Q) \end{array} \right \}\\ &\Rightarrow d(Q,R) = 2d(P,Q) + d(Q,R)\\ &\Rightarrow d(P,Q) = 0\\ &\Rightarrow P=Q\\ &d(P,Q) = 2d(P,R) + d(P,Q)\\ &\Rightarrow P=R\\ &\Rightarrow \text{Widerspruch} \end{align*} \end{enumerate} \end{beweis} \begin{definition} \begin{enumerate}[label=§\arabic*),ref=§\arabic*,start=3] \item \enquote{Anordnungsaxiom}\label{axiom:3} \begin{enumerate}[label=(\roman*),ref=§\theenumi{} (\roman*)] \item Zu jedem $P \in X$ jeder Halbgerade $H$ mit \label{axiom:3.1} Anfangspunkt $P$ und jedem $r \in \mdr_{\geq 0}$ gibt es genau ein $Q \in H$ mit $d(P,Q) = r$. \item Jede Gerade zerlegt $X \setminus g = H_1 \dcup H_2$\label{axiom:4} in zwei nichtleere Teilmengen $H_1, H_2$. (Diese Teilmengen heißen \textbf{Halbebenen}\xindex{Halbebene} bzgl. $g$), sodass für alle $A \in H_i$, $B \in H_j$ $(i,j \in \Set{1,2})$ gilt: $\overline{AB} \cap g \neq \emptyset \Leftrightarrow i \neq j$ \end{enumerate} \item \enquote{Bewegungsaxiome}: Zu $P, Q, P', Q' \in X$ mit $d(P,Q) = d(P', Q')$. Isometrien $\varphi_1, \varphi_2$ mit $\varphi_i (P) = P'$ und $\varpi_i(Q) = Q', i=1,2$ (Spiegelung an der Gerade durch $P$ und $Q$ ist nach Identifizierung von $P \cong P'$ und $Q \cong Q'$ eine weitere Isometrie.) \end{enumerate} \end{definition} \begin{proposition}%In Vorlesung: Satz 14.4 Aus den Axiomen \ref{axiom:1}~-~\ref{axiom:3} folgt, dass es in den Situation \ref{axiom:4} höchstens zwei Isometrien mit $\varphi_i(P) = P'$ und $\varphi_i(Q) = Q'$ gibt. \end{proposition} \begin{beweis} Seien $\varphi_1, \varphi_2, \varphi_3$ Isometrien mit $\varphi_i(P) = P'$, $\varphi_i(Q) = Q'$, $i=1,2,3$ \begin{behauptung} Es gibt $R \in PQ$ mit $\varphi_{A_i} (R) = \varphi_{Z_j} (R)$ mit $i \neq j$. \Obda sei $i=1$ und $j=2$, also $\varphi_1(R) = \varphi_2(R)$. \end{behauptung} \begin{behauptung} Hat eine Isometrie $\varphi$ 3 Fixpunkte, die nicht kolinear sind, so ist $\varphi = \id_X$. Aus Beh. 1 und Beh. 2 folgt, dass $\varphi_2^{-1} \circ \varphi_1 = \id_X$, also $\varphi_2 = \varphi_1$. \end{behauptung} \begin{beweis}\leavevmode \begin{behauptung} Sind $P \neq Q$ Fixpunkte einer Isometrie, so ist $\varphi(R) = R$ für jedes $R \in PQ$. \end{behauptung} \begin{beweis} Es ist $\varphi(PQ) = \varphi(P) \varphi(Q)$ weil $\varphi$ wegen \ref{axiom:2} kolinearität erhält. Sei nun $R \in PQ$. Dann ist $d(P, \varphi(R)) \stackrel{P \text{ ist Fixpunkt}}{=} d(\varphi(P), \varphi(R)) = d(P, R)$. Weiter ist $\varphi (PQ^+) = \varphi(P) \varphi(Q)^+ = PQ^+$ $\stackrel{\ref{axiom:3.1}}{\Rightarrow} R = \varphi(R)$ \end{beweis} \end{beweis} \end{beweis}