%!TEX root = GeoTopo.tex %%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%% % Henriekes Mitschrieb vom 07.11.2013 % %%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%% \chapter{Mannigfaltigkeiten und Simplizialkomplexe} \section{Topologische Mannigfaltigkeiten} \begin{definition}% Sei $(X, \fT)$ ein topologischer Raum und $n \in \mdn$. \begin{defenum} \item Eine $n$-dimensionale \textbf{Karte}\xindex{Karte} auf $X$ ist ein Paar $(U, \varphi)$, wobei $U \in \fT$ und $\varphi: U \rightarrow V$ Homöomorphismus von $U$ auf eine offene Teilmenge $V \subseteq \mdr^n$. \item Ein $n$-dimensionaler \textbf{Atlas}\xindex{Atlas} $\atlas$ auf $X$ ist eine Familie $(U_i, \varphi_i)_{i \in I}$ von Karten auf $X$, sodass $\bigcup_{i \in I} U_i = X$. \item $X$ heißt (topologische) $n$-dimensionale \textbf{Mannigfaltigkeit}\xindex{Mannigfaltigkeit}, wenn $X$ hausdorffsch ist, eine abzählbare Basis der Topologie hat und ein $n$-dimensionalen Atlas besitzt. \end{defenum} \end{definition} Anschaulich ist also ein $n$-dimensionale Mannigfaltigkeit lokal dem $\mdr^n$ ähnlich. \begin{bemerkung}[Mächtigkeit von Mannigfaltigkeiten] Jede Mannigfaltigkeit ist mindestens so mächtig wie $\mdr$. \end{bemerkung} \begin{beweis} Sei $(X, \fT)$ ein topologischer Raum und $(U, \varphi)$ mit $U \in \fT$ und $\varphi:U \rightarrow V \subseteq \mdr^n$, wobei $V$ offen und $\varphi$ ein Homöomorphismus ist, eine Karte auf $X$. Da jede offene Teilmenge des $\mdr^n$ genauso mächtig ist wie der $\mdr^n$, $\varphi$ als Homöomorphismus insbesondere bijektiv ist und Mengen, zwischen denen eine Bijektion existiert, gleich mächtig sind, ist $U$ genauso mächtig wie der $\mdr^n$. Da jede Mannigfaltigkeit mindestens eine Karte hat, muss jede Mannigfaltigkeit $X$ mindestens so mächtig sein wie der $\mdr^n$. $\qed$ \end{beweis} \begin{bemerkung} \begin{bemenum} \item Es gibt surjektive, stetige Abbildungen $[0,1] \rightarrow [0,1] \times [0,1]$ \item Für $n \neq m$ sind $\mdr^n$ und $\mdr^m$ nicht homöomorph. Zum Beweis benutzt man den \enquote{Satz von der Gebietstreue} (Brouwer): Ist $U \subseteq \mdr^n$ offen und $f: U \rightarrow \mdr^n$ stetig und injektiv, so ist $f(U)$ offen. Ist $n < m$ und $\mdr^m$ homöomorph zu $\mdr^n$, so wäre \[f:\mdr^n \rightarrow \mdr^m \rightarrow \mdr^n, \;\;\; (x_1, \dots, x_n) \mapsto (x_1, x_2, \dots, x_n, 0, \dots, 0)\] eine stetige injektive Abbildung. Also müsste $f(\mdr^n)$ offen sein $\Rightarrow$ Widerspruch \end{bemenum} \end{bemerkung} \begin{beispiel}[Mannigfaltigkeiten] \begin{bspenum} \item Jede offene Teilmenge $U \subseteq \mdr^n$ ist eine $n$-dimensionale Mannigfaltigkeit mit einem Atlas aus einer Karte. \item $\mdc^n$ ist eine $2n$-dimensionale Mannigfaltigkeit mit einem Atlas aus einer Karte: \[(z_1, \dots, z_n) \mapsto (\Re(z_1), \Im(z_1), \dots, \Re(z_n), \Im(z_n))\] \item \xindex{Raum!projektiver}$\praum^n(\mdr) = (\mdr^{n+1} \setminus \Set{0})/_\sim = S^n /_\sim$ und $\praum^n(\mdc)$ sind Mannigfaltigkeiten der Dimension $n$ bzw. $2n$, da gilt: Sei $U_i := \Set{(x_0: \dots : x_n) \in \praum^n(\mdr) | x_i \neq 0}\;\forall i \in 0, \dots, n$. Dann ist $\praum^n(\mdr) = \bigcup_{i=0}^n U_i$ und die Abbildung \begin{align*} U_i &\rightarrow \mdr^n\\ (x_0 : \dots : x_n) &\mapsto \left (\frac{x_0}{x_i}, \dots, \cancel{\frac{x_i}{x_i}}, \dots, \frac{x_n}{x_i} \right )\\ (y_1 : \dots : y_{i-1} : 1 : y_i : \dots : y_n) &\mapsfrom (y_1, \dots, y_n) \end{align*} ist bijektiv. \todo[inline]{Was wird im Folgenden gemacht?} Die $U_i$ mit $i = 0, \dots, n$ bilden einen $n$-dimensionalen Atlas: \begin{align*} x &= (1:0:0) \in U_0 \rightarrow \mdr^2 & x &\mapsto (0,0)\\ y &= (0:1:1) \in U_2 \rightarrow \mdr^2 & y &\mapsto (0,1) \end{align*} $\text{Umgebung: } \fB_1 (0,1) \rightarrow \Set{(1:u:v) | \|(u,v)\| < 1} = V_1$\\ $\text{Umgebung: } \fB_1 (0,1) \rightarrow \Set{(w:z:1) | w^2 + z^2 < 1} = V_2$\\ $V_1 \cap V_2 = \emptyset$? $(a:b:c) \in V_1 \cap V_2$\\ $\Rightarrow a \neq 0$ und $(\frac{b}{a})^2 + (\frac{c}{a})^2 < 1 \Rightarrow \frac{c}{a} < 1$\\ $\Rightarrow c \neq 0$ und $(\frac{a}{c})^2 + (\frac{b}{c})^2 < 1 \Rightarrow \frac{a}{c} < 1$\\ $\Rightarrow$ Widerspruch \item $S^n = \Set{x \in \mdr^{n+1} | \|x\| = 1}$ ist $n$-dimensionale Mannigfaltigkeit. Karten: \\ $D_i := \{(x_1, \dots, x_{n+1}) \in S^n | x_i > 0\} \rightarrow \fB_1 (\underbrace{0, \dots, 0}_{\in \mdr^n})$\\ $C_i := \{(x_1, \dots, x_{n+1}) \in S^n | x_i < 0\}$\\ $(x_1, \dots, x_{n+1}) \mapsto (x_1, \dots, \cancel{x_i}, \dots, x_{n+1})$\footnote{$x_i$ wird rausgenommen}\\ $(x_1, \dots, x_{n}) \mapsto (x_1, \dots, x_{i-1}, \sqrt{1-\sum_{k=1}^n x_k^2}, x_i, \dots, x_n)$, oder $-\sqrt{1-\sum_{k=1}^n x_k^2}$ für $C_i$\\ $S^n = \bigcup_{i=1}^{n+1} (C_i \cup D_i)$ Als kompakte Mannigfaltigkeit wird $S^n$ auch \enquote{geschlossene Mannigfaltigkeit}\xindex{Mannigfaltigkeit!geschlossene} genannt. \item $[0,1]$ ist keine Mannigfaltigkeit, denn:\\ Es gibt keine Umgebung von $0$ in $[0,1]$, die homöomorph zu einem offenem Intervall ist. \item $V_1 = \Set{(x,y) \in \mdr^2 | x \cdot y = 0}$ ist keine Mannigfaltigkeit. Das Problem ist $(0,0)$. Wenn man diesen Punkt entfernt, zerfällt der Raum in 4 Zusammenhangskomponenten. Jeder $\mdr^n$ zerfällt jedoch in höchstens zwei Zusammenhangskomponenten, wenn man einen Punkt entfernt. \item $V_2 = \Set{(x,y) \in \mdr^2 | x^3 = y^2}$ ist eine Mannigfaltigkeit. \item $X = (\mdr \setminus \Set{0}) \cup (0_1, 0_2)$ \label{bsp:mannigfaltigkeit8} \[U \subseteq X \text{ offen } \gdw \begin{cases} U \text{ offen in } \mdr \setminus \Set{0}, &\text{falls } 0_1 \notin U, 0_2 \in U\\ \exists \varepsilon > 0: (-\varepsilon, \varepsilon) \subseteq U &\text{falls } 0_1 \in U, 0_2 \in U \end{cases}\] Insbesondere sind $(\mdr \setminus \Set{0}) \cup \Set{0_1}$ und $(\mdr \setminus \Set{0}) \cup \Set{0_2}$ offen und homöomorph zu $\mdr$. \underline{Aber:} $X$ ist nicht hausdorffsch! Denn es gibt keine disjunkten Umgebungen von $0_1$ und $0_2$. \item \label{bsp:gln-ist-mf}\xindex{Gruppe!allgemeine lineare}$\GL_n(\mdr)$ ist eine Mannigfaltigkeit der Dimension $n^2$, weil offene Teilmengen von $\mdr^{n^2}$ eine Mannigfaltigkeit bilden. \end{bspenum} \end{beispiel} %%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%% % Mitschrieb vom 14.11.2013 % %%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%% \begin{definition}\xindex{Verklebung}% Seien $X, Y$ $n$-dimensionale Mannigfaltigkeiten, $U \subseteq X$ und $V \subseteq Y$ offen, $\Phi: U \rightarrow V$ ein Homöomorphismus $Z = (X \dcup Y) /_\sim$ mit der von $u \sim \Phi(u)\;\forall{u \in U}$ erzeugten Äquivalenzrelation und der von $\sim$ induzierten Quotiententopologie. $Z$ heißt \textbf{Verklebung} von $X$ und $Y$ längs $U$ und $V$. $Z$ besitzt einen Atlas aus $n$-dimensionalen Karten. Falls $Z$ hausdorffsch ist, ist $Z$ eine $n$-dimensionale Mannigfaltigkeit. \end{definition} \begin{bemerkung} Sind $X, Y$ Mannigfaltigkeiten der Dimension $n$ bzw. $m$, so ist $X \times Y$ eine Mannigfaltigkeit der Dimension $n+m$. \end{bemerkung} \begin{beweis} Produkte von Karten sind Karten. $\qed$ \end{beweis} \begin{beispiel} Mannigfaltigkeiten mit Dimension 1: \begin{enumerate}[label=\arabic*)] \item Offene Intervalle, $\mdr$, $(0,1)$ sind alle homöomorph \item $S^1$ \end{enumerate} Mannigfaltigkeiten mit Dimension 2: \begin{enumerate}[label=\arabic*)] \item $\mdr^2$ \item $S^2$ (0 Henkel) \item $T^2$ (1 Henkel) \item oder mehr Henkel, wie z.B. der Zweifachtorus in \cref{fig:double-torus} \end{enumerate} \begin{figure}[htp] \centering \includegraphics[width=0.2\linewidth, keepaspectratio]{figures/Double-torus-illustration.png} \caption{Zweifachtorus} \label{fig:double-torus} \end{figure} \end{beispiel} \begin{bemerkung} Sei $n \in \mdn, F:\mdr^n \rightarrow \mdr$ stetig differenzierbar und $X = V(F) := \Set{x \in \mdr^n | F(x) = 0}$ das \enquote{vanishing set}\xindex{vanishing set}. Dann gilt: \begin{bemenum} \item $X$ ist abgeschlossen in $\mdr^n$ \item Ist $\grad(F)(X) \neq 0 \;\;\;\forall{x \in X}$, so ist $X$ eine Mannigfaltigkeit der Dimension $n-1$. \label{bem:Mannigfaltigkeitskriterium} \end{bemenum} \end{bemerkung} \begin{beweis}\leavevmode \begin{enumerate}[label=\alph*),ref=\thedefinition.\alph*] \item Sei $y \in \mdr^n \setminus V(F)$. Weil $F$ stetig ist, gibt es $\delta > 0$, sodass $F(\fB_\delta(y)) \subseteq \fB_\varepsilon(F(y))$ mit $\varepsilon = \frac{1}{2} \|F(y)\|$. Folgt $\fB_\delta(y) \cap V(F) = \emptyset \Rightarrow \mdr^n \setminus V(F)$ ist offen. \item Sei $x \in X$ mit $\grad(F)(x) \neq 0$, also \obda $\frac{\partial F}{\partial X_1} (x) \neq 0$, $x = (x_1, \dots, x_n)$, $x' := (x_2, \dots, x_n) \in \mdr^{n-1}$. Der Satz von der impliziten Funktion liefert nun: Es gibt Umgebungen $U$ von $x'$ und differenzierbare Funktionen $g: U \rightarrow \mdr$, sodass $G: U \rightarrow \mdr^n, \; u \mapsto (g(u), u)$ eine stetige Abbildung auf eine offene Umgebung $V$ von $x$ in $X$ ist. \end{enumerate} $\qed$ \end{beweis} \begin{beispiel}\xindex{Neilsche Parabel}% \begin{bspenum} \item $F: \mdr^3 \rightarrow \mdr,\;\;\; (x, y, z) \mapsto x^2 + y^2 + z^2 - 1$, $V(F) = S^2$, $\grad(F) = (2x, 2y, 2z) \xRightarrow{\crefabbr{bem:Mannigfaltigkeitskriterium}} S^n$ ist $n$-dimensionale Mannigfaltigkeit in $\mdr^{n+1}$ \item $F: \mdr^2 \rightarrow \mdr, \;\;\; (x,y) \mapsto y^2 - x^3$ \begin{figure}[ht] \centering \subfloat[$F(x,y) = y^2 - x^3$]{ \resizebox{0.45\linewidth}{!}{\input{figures/3d-function-semicubical-parabola.tex}} \label{fig:semicubical-parabola-2d} }% \subfloat[$y^2 - ax^3 = 0$]{ \resizebox{0.45\linewidth}{!}{\input{figures/2d-semicubical-parabola.tex}} \label{fig:semicubical-parabola-3d} }% \label{Neilsche-Parabel} \caption{Rechts ist die Neilsche Parabel für verschiedene Parameter $a$.} \end{figure} Es gilt: $\grad(F) = (-3x^2, 2y)$. Also: $\grad(0,0) = (0,0)$. Daher ist \cref{bem:Mannigfaltigkeitskriterium} nicht anwendbar, aber $V(F)$ ist trotzdem eine 1-dimensionale topologische Mannigfaltigkeit. \end{bspenum} \end{beispiel} \begin{definition}\xindex{Mannigfaltigkeit!mit Rand}% Sei $X$ ein Hausdorffraum mit abzählbarer Basis der Topologie. $X$ heißt $n$-dimensionale \textbf{Mannigfaltigkeit mit Rand}, wenn es einen Atlas $(U_i, \varphi_i)$ gibt, wobei $U_i \subseteq X_i$ offen und $\varphi_i$ ein Homöomorphismus auf eine offene Teilmenge von \[R_{+,0}^n := \Set{(x_1, \dots, x_n) \in \mdr^n | x_n \geq 0}\] ist. \end{definition} $R_{+,0}^n$ ist ein \enquote{Halbraum}\xindex{Halbraum}. \underline{Hinweis:} Mannigfaltigkeiten mit Rand sind keine Mannigfaltigkeiten. \begin{figure}[ht] \centering \subfloat[Halbraum]{ \input{figures/topology-halfspace.tex} \label{fig:half-space} }% \subfloat[Pair of pants]{ \resizebox{0.45\linewidth}{!}{\input{figures/topology-pair-of-pants.tex}} \label{fig:pair-of-pants} }% \subfloat[Sphäre mit einem Loch]{ \resizebox{0.45\linewidth}{!}{\input{figures/topology-sphere-with-hole.tex}} \label{fig:sphere-with-hole} }% \label{Mannigfaltigkeiten mit Rand} \caption{Beispiele für Mannigfaltigkeiten mit Rand} \end{figure} \begin{definition}\xindex{Rand}% Sei $X$ eine $n$-dimensionale Mannigfaltigkeit mit Rand und Atlas $\atlas$. Dann heißt \[\partial X := \bigcup_{(U, \varphi) \in \atlas} \Set{x \in U | \varphi (x) = 0}\] \textbf{Rand} von $X$. \end{definition} $\partial X$ ist eine Mannigfaltigkeit der Dimension $n-1$. \begin{definition}\xindex{Kartenwechsel}\index{Uebergangsfunktion@""Ubergangsfunktion|see{Kartenwechsel}}% Sei $X$ eine $n$-dimensionale Mannigfaltigkeit mit Atlas $(U_i, \varphi_i)_{i \in I}$ Für $i, j \in I$ mit $U_i, U_j \neq \emptyset$ heißt \begin{align*} \varphi_{ij} &:= \varphi_j \circ \varphi_i^{-1}\\ \varphi_i (U_i \cap U_j) &\rightarrow \varphi_j (U_i \cap U_j) \end{align*} \textbf{Kartenwechsel} oder \textbf{Übergangsfunktion}. \end{definition} \begin{figure}[htp] \centering \input{figures/topology-kartenwechsel.tex} \caption{Kartenwechsel} \label{fig:kartenwechsel} \end{figure} %%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%% % Mitschrieb vom 19.11.2013 % %%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%% \section{Differenzierbare Mannigfaltigkeiten}\label{sec:8} \begin{definition}% Sei $X$ eine $n$-dimensionale Mannigfaltigkeit mit Atlas $(U_i, \varphi_i)_{i \in I}$. \begin{defenum} \item $X$ heißt \textbf{differenzierbare Mannigfaltigkeit der Klasse $C^k$}\xindex{Mannigfaltigkeit!differenzierbare}, wenn jede Kartenwechselabbildung $\varphi_{ij},\;i,j \in I$ $k$-mal stetig differenzierbar ist. \item $X$ heißt \textbf{differenzierbare Mannigfaltigkeit}\xindex{Mannigfaltigkeit!glatte}, wenn $X$ eine differenzierbare Mannigfaltigkeit der Klasse $C^\infty$ ist. \end{defenum} \end{definition} Differenzierbare Mannigfaltigkeiten der Klasse $C^\infty$ werden auch \textit{glatt} genannt. \begin{definition}% Sei $X$ eine differenzierbare Mannigfaltigkeit der Klasse $C^k$ ($k \in \mdn \cup \Set{\infty}$) mit Atlas $\atlas = (U_i, \varphi_i)_{i \in I}$. \begin{defenum} \item Eine Karte $(U, \varphi)$ auf $X$ heißt \textbf{verträglich}\xindex{verträglich} mit $\atlas$, wenn alle Kartenwechsel $\varphi \circ \varphi_i^{-1}$ und $\varphi_i \circ \varphi^{-1}$ ($i \in I$ mit $U_i \cap U \neq \emptyset$) differenzierbar von Klasse $C^k$ sind. \item Die Menge aller mit $\atlas$ verträglichen Karten auf $X$ bildet einen maximalen Atlas der Klasse $C^k$. Er heißt \textbf{$C^k$-Struktur}\xindex{Ck-Struktur@$C^k$-Struktur} auf $X$. Eine $C^\infty$-Struktur heißt auch \textbf{differenzierbare Struktur}\xindex{Struktur!differenzierbare} auf $X$. \end{defenum} \end{definition} \begin{bemerkung} Für $n \geq 4$ gibt es auf $S^n$ mehrere verschiedene differenzierbare Strukturen, die sogenannten \enquote{exotische Sphären}\xindex{Sphäre!exotische}. \end{bemerkung} \begin{definition} Seien $X, Y$ differenzierbare Mannigfaltigkeiten der Dimension $n$ bzw. $m$, $x \in X$. \begin{defenum} \item Eine stetige Abbildung $f:X \rightarrow Y$ heißt\label{def:stetigeAbbildungDiffbar} \textbf{differenzierbar}\xindex{Abbildung!differenzierbare} in $x$ (von Klasse $C^k$), wenn es Karten $(U, \varphi)$ von $X$ mit $x \in U$ und $(V, \psi)$ von $Y$ mit $f(U) \subseteq V$ gibt, sodass $\psi \circ f \circ \varphi^{-1}$ stetig differenzierbar von Klasse $C^k$ in $\varphi(x)$ ist. \item $f$ heißt \textbf{differenzierbar} (von Klasse $C^k$), wenn $f$ in jedem $x \in X$ differenzierbar ist. \item $f$ heißt \textbf{Diffeomorphismus}\xindex{Diffeomorphismus}, wenn $f$ differenzierbar von Klasse $C^\infty$ ist und es eine differenzierbare Abbildung $g: Y \rightarrow X$ von Klasse $C^\infty$ gibt mit $g \circ f = \id_X$ und $f \circ g = \id_Y$. \end{defenum} \end{definition} \begin{bemerkung} Die Bedingung in \cref{def:stetigeAbbildungDiffbar} hängt nicht von den gewählten Karten ab. \end{bemerkung} \begin{beweis} Seien $(U', \varphi')$ und $(V', \psi')$ Karten von $X$ bzw. $Y$ um $x$ bzw. $f(x)$ mit $f(U') \subseteq V'$. $\Rightarrow \psi' \circ f \circ (\varphi')^{-1}$\\ $= \psi' \circ ( \psi^{-1} \circ \psi) \circ f \circ (\varphi^{-1} \circ \varphi ) \circ (\varphi')^{-1}$ ist genau dann differenzierbar, wenn $\psi \circ f \circ \varphi^{-1}$ differenzierbar ist. \end{beweis} \begin{beispiel} $f: \mdr \rightarrow \mdr, \;\;\; x \mapsto x^3$ ist kein Diffeomorphismus, aber Homöomorphismus, da mit $g(x) := \sqrt[3]{x}$ gilt: $f \circ g = \id_\mdr, \;\;\; g \circ f = \id_\text{\mdr}$ \end{beispiel} \begin{bemerkung} Sei $X$ eine glatte Mannigfaltigkeit. Dann ist \[\Diffeo(X) := \Set{f:X \rightarrow X | f \text{ ist Diffeomorphismus}}\] eine Untergruppe von $\Homoo(X)$. \end{bemerkung} \begin{definition}\label{def:8.5}\xindex{Fläche!reguläre}\xindex{Parametrisierung!reguläre}% $S \subseteq \mdr^3$ heißt \textbf{reguläre Fläche} $:\gdw$ $\forall s \in S\;\exists $ Umgebung $V(s) \subseteq \mdr^3$ $\exists U \subseteq \mdr^2$ offen: $\exists \text{ differenzierbare Abbildung } F: U \rightarrow V \cap S$: $\text{Rg}(J_F(u)) = 2\;\;\;\forall u \in U$. $F$ heißt (lokale) \textbf{reguläre Parametrisierung} von $S$. \begin{align*} F(u,v) &= \left (x(u,v), y(u,v), z(u,v) \right )\\ J_F(u,v) &= \begin{pmatrix} \frac{\partial x}{\partial u} (p) & \frac{\partial x}{\partial v} (p)\\ \frac{\partial y}{\partial u} (p) & \frac{\partial y}{\partial v} (p)\\ \frac{\partial z}{\partial u} (p) & \frac{\partial z}{\partial v} (p) \end{pmatrix} \end{align*} \end{definition} \begin{beispiel} \begin{bspenum} \item Rotationsflächen: Sei $r:\mdr \rightarrow \mdr_{> 0}$ eine differenzierbare Funktion. $F: \mdr^2 \rightarrow \mdr^3 \;\;\; (u,v) \mapsto (r(u) \cos (u), r(v) \sin(u), v)$ \begin{figure}[htp] \centering \subfloat[Kugelkoordinaten]{ \includegraphics[width=0.45\linewidth, keepaspectratio]{figures/spherical-coordinates.pdf} \label{fig:spherical-coordinates} }% \subfloat[Rotationskörper]{ \resizebox{0.45\linewidth}{!}{\input{figures/solid-of-revolution.tex}} \label{fig:solid-of-revolution} }% \subfloat[Sinus und Kosinus haben keine gemeinsame Nullstelle]{ \includegraphics[width=0.8\linewidth, keepaspectratio]{figures/sin-cos.pdf} \label{fig:sin-cos} }% \label{fig:example-image-gallery-1} %\caption{} \end{figure} \[J_F(u,v) = \begin{pmatrix} -r(v) \sin u & r'(v) \cos u\\ r(v) \cos u & r'(v) \sin u\\ 0 & 1 \end{pmatrix}\] hat Rang 2 für alle $(u,v) \in \mdr^2$. \item Kugelkoordinaten: $F: \mdr^2 \rightarrow \mdr^3$,\\ $(u, v) \mapsto (R \cos v \cos u, R \cos v \sin u, R \sin v)$\\ Es gilt: $F(u,v) \in S_R^2$, denn \begin{align*} & R^2 \cos^2(v) \cos^2(u) + R^2 \cos^2(v) \sin^2(u) + R^2 \sin^2(v)\\ =& R^2 (\cos^2(v) \cos^2(u) + \cos^2(v) \sin^2(u) + \sin^2(v))\\ =& R^2 \left (\cos^2(v) (\cos^2(u) + \sin^2(u)) + \sin^2(v) \right)\\ =& R^2 \left (\cos^2(v) + \sin^2(v) \right)\\ =&R^2 \end{align*} Die Jacobi-Matrix \[J_F(u,v) = \begin{pmatrix} -R \cos v \sin u & -R \sin v \cos u\\ R \cos v \cos u & -R \sin v \sin u\\ 0 & R \cos v \end{pmatrix}\] hat Rang 2 für $\cos v \neq 0$. In $N$ und $S$ ist $\cos v = 0$. \end{bspenum} \end{beispiel} %%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%% % Mitschrieb vom 21.11.2013 % %%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%% \begin{bemerkung}\label{kor:regular-surface-mannigfaltigkeit} Jede reguläre Fläche $S \subseteq \mdr^3$ ist eine 2-dimensionale, differenzierbare Mannigfaltigkeit. \end{bemerkung} \begin{beweis}\leavevmode $S \subseteq \mdr^3$ ist als reguläre Fläche eine 2-dimensionale Mannigfaltigkeit. Aus der Definition von regulären Flächen folgt direkt, dass Karten $(U_i, F_i)$ und $(U_j \subseteq \mdr^2, F_j:\mdr^2 \rightarrow \mdr^3)$ von $S$ mit $U_i \cap U_j \neq \emptyset$ existieren, wobei $F_i$ und $F_j$ nach Definition differenzierbare Abbildungen sind. \underline{z.Z.:} $F_j^{-1} \circ F_i$ ist ein Diffeomorphismus. \begin{figure}[htp] \centering \input{figures/topology-parametric-surface-mapping.tex} \caption{Reguläre Fläche $S$ zum Beweis von \cref{kor:regular-surface-mannigfaltigkeit}} \label{fig:parametric-surface-mapping} \end{figure} \underline{Idee:} Finde differenzierbare Funktion $\widetilde{F_j^{-1}}$ in Umgebung $W$ von $s$, sodass $\widetilde{F_j^{-1}}|_{S \cap W} = F_j^{-1}$. \underline{Ausführung:} Sei $u_0 \in U_i$, $v_0 \in U_j$ mit $F_i(u_0) = s = F_j(v_0)$. Da $\rang(J_{F_j}(v_0)) = 2$ ist, ist \obda \[\det \begin{pmatrix} \frac{\partial x}{\partial u} & \frac{\partial x}{\partial v}\\ \frac{\partial y}{\partial u} & \frac{\partial y}{\partial v} \end{pmatrix} (v_0) \neq 0 \] und $F_j(u,v) = \left ( x(u,v), y(u,v), z(u,v) \right)$. Definiere $\widetilde{F_j}: U_j \times \mdr \rightarrow \mdr^3$ durch \[\widetilde{F_j} (u, v, t) := \left(x(u,v), y(u,v), z(u,v)+t \right )\] Offensichtlich: $\widetilde{F_j} |_{U_j \times \Set{0}} = F_j$ \[J_{\widetilde{F_j}} = \begin{pmatrix} \frac{\partial x}{\partial u} & \frac{\partial x}{\partial v} & 0\\ \frac{\partial y}{\partial u} & \frac{\partial y}{\partial v} & 0\\ \frac{\partial z}{\partial u} & \frac{\partial z}{\partial v} & 1 \end{pmatrix} \Rightarrow \det J_{\widetilde{F_j}} (v_0, 0) \neq 0\] $\xRightarrow{\text{Analysis II}}$ Es gibt Umgebungen $W$ von $F_j$ von $\widetilde{F_j}(v_0, 0) = F_j(v_0) = s$, sodass $\widetilde{F_j}$ auf $W$ eine differenzierbar Inverse $F_j^{-1}$ hat. Weiter gilt: \begin{align*} \widetilde{F_j}^{-1}|_{W \cap S} &= F_j^{-1} |_{W \cap S}\\ \Rightarrow F_j^{-1} \circ F_i |_{F_i^{-1} (W \cap S)} &= F_j^{-1} \circ F_i |_{F_i^{-1} (W \cap S)} \end{align*} ist differenzierbar. \end{beweis} \begin{definition}% Sei $G$ eine Mannigfaltigkeit und $(G, \circ)$ eine Gruppe. \begin{defenum} \item $G$ heißt \textbf{topologische Gruppe}\xindex{Gruppe!topologische}, wenn die Abbildungen $\circ: G \times G \rightarrow G$ und $\iota: G \rightarrow G$ definiert durch \[g \circ h := g \cdot h \text{ und } \iota(g) := g^{-1}\] stetig sind. \item Ist $G$ eine differenzierbare Mannigfaltigkeit, so heißt $G$ \textbf{Lie-Gruppe}\xindex{Lie-Gruppe}, wenn $(G, \circ)$ und $(G, \iota)$ differenzierbar sind. \end{defenum} \end{definition} \begin{beispiel}[Lie-Gruppen] \begin{bspenum} \item Alle endlichen Gruppen sind 0-dimensionale Lie-Gruppen. \item $\GL_n(\mdr)$ % ist eine Lie-Gruppe, da sie nach \cref{bsp:gln-ist-mf} eine Mannigfaltigkeit ist. % $\det: \GL_n \rightarrow \mdr$ ist eine stetige Abbildung. \item $(\mdr^\times, \cdot)$ \item $(\mdr_{>0}, \cdot)$ \item $(\mdr^n, +)$, denn $A \cdot B (i,j) = \sum_{k=1}^n a_{ik} b_{kj}$ ist nach allen Variablen differenzierbar $(A^{-1}) (i,j) = \frac{\det(A_{ij})}{\det A}$ \[A_{ij} = \begin{pmatrix} a_{i1} & \dots & a_{in}\\ \vdots & \ddots & \vdots\\ a_{n1} & \dots & a_{nn} \end{pmatrix} \in \mdr^{(n-1) \times (n-1)}\] ist differenzierbar. $\det A_{ij}$ kann $0$ werden, da: \[\begin{pmatrix}1 & 1\\-1&0\end{pmatrix}\] \item $\SL_n(\mdr) = \Set{A \in \GL_n(\mdr) | \det(A) = 1}$ \end{bspenum} \end{beispiel} \begin{bemerkung} Ist $G$ eine Lie-Gruppe und $g \in G$, so ist die Abbildung \begin{align*} l_g &: G \rightarrow G\\ h &\mapsto g \cdot h \end{align*} ein Diffeomorphismus. \end{bemerkung} \section{Simplizialkomplex} \begin{definition}\xindex{Lage!allgemeine}% Seien $v_0, \dots, v_k \in \mdr^n$ Punkte.\xindex{Punkt} \begin{defenum} \item $v_0, \dots, v_k$ sind \textbf{in allgemeiner Lage}\\ \hspace{\labelwidth}\phantom{--}$\gdw$ es gibt keinen $(k-1)$-dimensionalen affinen Untervektorraum, der $v_0, \dots, v_k$ enthält\\ \hspace{\labelwidth}\phantom{--}$\gdw v_1 - v_0, \dots, v_k - v_0$ sind linear unabhängig. \item $\conv(v_0, \dots, v_k) := \Set{\sum_{i=0}^k \lambda_i v_i | \lambda_i \geq 0, \sum_{i=0}^k \lambda_i = 1} $ heißt die \textbf{konvexe Hülle}\xindex{Hülle!konvexe} von $v_0, \dots, v_k$. \end{defenum} \end{definition} \begin{definition} \begin{defenum} \item Sei $\Delta^n = \conv(e_0, \dots, e_n) \subseteq \mdr^{n+1}$ die konvexe Hülle der Standard-Basisvektoren $e_0, \dots, e_n$. Dann heißt $\Delta^n$ \textbf{Standard-Simplex}\xindex{Standard-Simplex} und $n$ die Dimension des Simplex. \item Für Punkte $v_0, \dots, v_k$ im $\mdr^n$ in allgemeiner Lage heißt $\Delta (v_0, \dots, v_k) = \conv(v_0, \dots, v_k)$ ein \textbf{$k$-Simplex}\xindex{Simplex} in $\mdr^n$. \item Ist $\Delta (v_0, \dots, v_k)$ ein $k$-Simplex und $I = \Set{i_0, \dots, i_r} \subseteq \Set{0, \dots, k}$, so ist $s_{i_0, \dots, i_r} := \conv(v_{i_0}, \dots, v_{i_r})$ ein $r$-Simplex und heißt \textbf{Teilsimplex}\xindex{Teilsimplex} oder \textbf{Seite}\xindex{Seite} von $\Delta$. \end{defenum} \end{definition} \begin{figure}[ht] \centering \subfloat[0-Simplex $\Delta^0$]{ \parbox{5cm}{\centering\input{figures/topology-simplex-0.tex}} \label{fig:simplex-0} } \subfloat[1-Simplex $\Delta^1$]{ \input{figures/topology-simplex-1.tex} \label{fig:simplex-1} }% \subfloat[2-Simplex $\Delta^2$]{ \input{figures/topology-simplex-2.tex} \label{fig:simplex-2} }% \subfloat[3-Simplex $\Delta^3$]{ \input{figures/topology-simplex-3.tex} \label{fig:simplex-3} }% \label{fig:k-simplexe} \caption{Beispiele für $k$-Simplexe} \end{figure} %%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%% % Mitschrieb vom 21.11.2013 % %%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%% \begin{definition}% \begin{enumerate}[label=\alph*),ref=\thedefinition.\alph*] \item Eine endliche Menge $K$ von Simplizes im $\mdr^n$ heißt (endlicher) \textbf{Simplizialkomplex}\xindex{Simplizialkomplex}, wenn gilt: \begin{enumerate}[label=(\roman*),ref=\theenumii.\roman*] \item Für $\Delta \in K$ und $S \subseteq \Delta$ Teilsimplex ist $S \in K$. \item \label{def:simplizialkomplex.ii} Für $\Delta_1, \Delta_2 \in K$ ist $\Delta_1 \cap \Delta_2$ leer oder ein Teilsimplex von $\Delta_1$ und von $\Delta_2$. \end{enumerate} \item $|K| := \bigcup_{\Delta \in K} \Delta$ (mit Teilraumtopologie) heißt \textbf{geometrische Realisierung}\xindex{Realisierung!geometrische} von $K$. \item Ist $d = \max \Set{ k \in \mdn_0 | K \text{ enthält } k\text{-Simplex}}$, so heißt $d$ die \textbf{Dimension}\xindex{Dimension} von $K$. \end{enumerate} \end{definition} \xindex{Oktaeder}\xindex{Würfel} \begin{figure}[ht] \centering \subfloat[1D Simplizialkomplex]{ \parbox[c][4cm]{3.5cm}{\centering\input{figures/topology-1-d-simplizialkomplex}} \label{fig:simplizialkomplex-1-d} }% \subfloat[2D Simplizialkomplex (ohne untere Fläche!)]{ \parbox[c][4cm]{3.5cm}{\centering\input{figures/topology-pyramid.tex}} \label{fig:simplizialkomplex-2-d} }% \subfloat[2D Simplizialkomplex]{ \parbox[c][4cm]{5cm}{\centering\input{figures/topology-oktaeder.tex}} \label{fig:simplizialkomplex-2-d-okateder} }% \subfloat[1D Simplizialkomplex]{ \parbox[c][4cm]{5cm}{\centering\input{figures/topology-cube.tex}} \label{fig:simplizialkomplex-cube} }% \subfloat[2D Simplizialkomplex]{ \parbox[c][4cm]{5cm}{\centering\input{figures/topology-cube-divided.tex}} \label{fig:simplizialkomplex-cube-divided} } \subfloat[$P$ ist kein Teilsimplex, da Eigenschaft \cref{def:simplizialkomplex.ii} verletzt ist]{ \parbox[c][4cm]{5cm}{\centering\input{figures/topology-triangle-no-simplicial-complex.tex}} \label{fig:no-simplizialkomplex-triangles} }% \subfloat[Simplizialkomplex]{ \parbox[c][4cm]{5cm}{\centering\input{figures/topology-triangle-simplicial-complex.tex}} \label{fig:simplizialkomplex-triangles} }% \label{fig:simplizialkomplexe} \caption{Beispiele für Simplizialkomplexe} \end{figure} \begin{definition}\xindex{Abbildung!simpliziale}% Seien $K, L$ Simplizialkomplexe. Eine stetige Abbildung \[f:|K| \rightarrow |L|\] heißt \textbf{simplizial}, wenn für jedes $\Delta \in K$ gilt: \begin{defenum} \item $f(\Delta) \in L$ \item $f|_{\Delta} : \Delta \rightarrow f(\Delta)$ ist eine affine Abbildung. \end{defenum} \end{definition} \begin{beispiel}[Simpliziale Abbildungen] \begin{bspenum} \item $\varphi(e_1) := b_1$, $\varphi(e_2) := b_2$\\ $\varphi$ ist eine eindeutig bestimmte lineare Abbildung \input{figures/topology-linear-mapping.tex} \item Folgende Abbildung $\varphi: \Delta^n \rightarrow \Delta^{n-1}$ ist simplizial: \input{figures/topology-triangle-to-line.tex} \item Tori können simplizial auf Sphären abgebildet werden (vgl. \cref{fig:faltungsdiagramm}) \begin{figure}[htp] \centering \includegraphics[width=0.9\linewidth, keepaspectratio]{figures/faltungsdiagramm.pdf} \caption{Abbildung eines Torus auf eine Sphäre} \label{fig:faltungsdiagramm} \end{figure} %\resizebox{0.9\linewidth}{!}{\input{figures/topology-2}} \end{bspenum} \end{beispiel} \begin{definition}\xindex{Eulerzahl}% Sei $K$ ein endlicher Simplizialkomplex. Für $n \geq 0$ sei $a_n(K)$ die Anzahl der $n$-Simplizes in $K$. Dann heißt \[\chi(K) := \sum_{n=0}^{\dim K} (-1)^n a_n(K)\] \textbf{Eulerzahl} (oder Euler-Charakteristik\index{Euler-Charakteristik|see{Eulerzahl}}) von $K$. \end{definition} \begin{beispiel} \begin{bspenum} \item $\chi(\Delta^1) = 2 - 1 = 1$\\ $\chi(\Delta^2) = 3 - 3 + 1 = 1$\\ $\chi(\Delta^3) = 4 - 6 + 4 - 1 = 1$ \item $\chi(\text{Oktaeder-Oberfläche}) = 6 - 12 + 8 = 2$\\ $\chi(\text{Rand des Tetraeders}) = 2$\\ $\chi(\text{Ikosaeder}) = 12 - 30 + 20 = 2$ \item $\chi(\text{Würfel}) = 8 - 12 + 6 = 2$\\ $\chi(\text{Würfel, unterteilt in Dreiecksflächen}) = 8 - (12 + 6) + (6 \cdot 2) = 2$ \end{bspenum} \end{beispiel} \begin{bemerkung} $\chi(\Delta^n) = 1$ für jedes $n \in \mdn_0$ \end{bemerkung} \begin{beweis} $\Delta^n$ ist die konvexe Hülle von $(e_0, \dots, e_n)$ in $\mdr^{n+1}$. Jede $(k+1)$-elementige Teilmenge von $\Set{e_0, \dots, e_n}$ definiert ein $k$-Simplex.\\ $\Rightarrow a_k(\Delta^n) = \binom{n+1}{k+1}, \;\;\; k = 0, \dots, n$\\ $\Rightarrow \chi(\Delta^n) = \sum_{k=0}^n (-1)^k \binom{n+1}{k+1}$\\ $f(x) = (x+1)^{n+1} \overset{\substack{\text{\tiny{Binomischer}}\\\text{\tiny{Lehrsatz}}}}{=} \sum_{k=0}^{n+1} \binom{n+1}{k} x^k$\\ $\Rightarrow 0 = \sum_{k=0}^{n+1} \binom{n+1}{k} (-1)^k = \chi(\Delta^n) -1$\\ $\Rightarrow \chi(\Delta^n) = 1 \qed$ \end{beweis} %%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%% % Mitschrieb vom 28.11.2013 % %%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%% \begin{definition}% \begin{defenum} \item Ein 1D-Simplizialkomplex heißt \textbf{Graph}\xindex{Graph}. \item Ein Graph, der homöomorph zu $S^1$ ist, heißt \textbf{Kreis}\xindex{Kreis}. \item Ein zusammenhängender Graph heißt \textbf{Baum}\xindex{Baum}, wenn er keinen Kreis enthält. \end{defenum} \end{definition} \begin{figure}[ht] \centering \subfloat[Dies wird häufig auch als Multigraph bezeichnet.]{ \parbox[c][3cm]{4cm}{\centering\input{figures/topology-graph-simple.tex}} \label{fig:topology-graph-simple} }% \subfloat[Planare Einbettung des Tetraeders]{ \parbox[c][3cm]{4cm}{\centering\input{figures/topology-graph-tetraeder.tex}} \label{fig:topology-graph-tetraeder} } \subfloat[$K_5$]{ \parbox[c][3cm]{4cm}{\centering\input{figures/topology-graph-k-5.tex}} \label{fig:k-5} }% \subfloat[$K_{3,3}$]{ \parbox[c][3cm]{4cm}{\centering\input{figures/topology-graph-k-3-3.tex}} \label{fig:k-3-3} }% \caption{Beispiele für Graphen} \label{fig:graphen-beispiele} \end{figure} \begin{bemerkung} Für jeden Baum $T$ gilt $\chi(T) = 1$. \end{bemerkung} \begin{beweis} Induktion über die Anzahl der Ecken. \end{beweis} \begin{bemerkung} \begin{bemenum} \item Jeder zusammenhängende Graph $\Gamma$ enthält einen Teilbaum $T$, der alle Ecken von $\Gamma$ enthält.% \footnote{$T$ wird \enquote{Spannbaum} genannt.} \item Ist $n = a_1(\Gamma) - a_1(T)$, so ist $\chi(\Gamma) = 1 - n$. \end{bemenum} \end{bemerkung} \begin{beweis}\leavevmode \begin{enumerate}[label=\alph*),ref=\thedefinition.\alph*] \item Siehe \enquote{Algorithmus von Kruskal}. \item $\begin{aligned}[t]\chi(\Gamma) &= a_0(\Gamma) - a_1(\Gamma)\\ &= a_0(\Gamma) - (n+a_1(T))\\ &= a_0(T) - a_1(T) - n\\ &= \chi(T) - n\\ &= 1-n \end{aligned}$ \end{enumerate} \end{beweis} \begin{bemerkung}\label{kor:simplex-unterteilung} Sei $\Delta$ ein $n$-Simplex und $x \in \Delta^\circ \subseteq \mdr^n$. Sei $K$ der Simplizialkomplex, der aus $\Delta$ durch \enquote{Unterteilung} in $x$ entsteht. Dann ist $\chi(K) = \chi(\Delta) = 1$. \end{bemerkung} \begin{figure}[ht] \centering \subfloat[$K$]{ \parbox{4cm}{\centering\input{figures/topology-graph-tetraeder-area.tex}} \label{fig:topology-simplizial-complex-k} }% \subfloat[$\Delta$, das aus $K$ durch Unterteilung entsteht]{ \parbox{4cm}{\centering\input{figures/topology-graph-tetraeder-area-2.tex}} \label{fig:topology-simplizial-complex-k-division} }% \caption{Beispiel für \cref{kor:simplex-unterteilung}.} \label{fig:simplex-unterteilung-beispiel} \end{figure} \begin{beweis} $\chi(K) = \chi(\Delta) - \underbrace{\underbrace{(-1)^n}_{n\text{-Simplex}} + \sum_{k=0}^n (-1)^k \binom{n+1}{k}}_{(1+(-1))^{n+1}} = \chi(\Delta) \qed$ \end{beweis} \begin{satz}[Eulersche Polyederformel]\xindex{Eulersche Polyederformel}% Sei $P$ ein konvexes Polyeder in $\mdr^3$, d.~h. $\partial P$ ist ein 2-dimensionaler Simplizialkomplex, sodass gilt: \[\forall x,y \in \partial P: [x,y] \subseteq P\] Dann ist $\chi(\partial P) = 2$. \end{satz} \begin{beweis}\leavevmode \begin{enumerate}[label=\arabic*)] \item Die Aussage ist richtig für den Tetraeder. \item \Obda{} sei $0 \in P$ und $P \subseteq \fB_1(0)$. Projeziere $\partial P$ von $0$ aus auf $\partial \fB_1(0) = S^2$. Erhalte Triangulierung von $S^2$. \item Sind $P_1$ und $P_2$ konvexe Polygone und $T_1, T_2$ die zugehörigen Triangulierungen von $S^2$, so gibt es eine eine Triangulierungen $T$, die sowohl um $T_1$ als auch um $T_2$ Verfeinerung ist (vgl. \cref{fig:topology-3}). \begin{figure}[htp] \centering \input{figures/topology-3.tex} \caption{$T$ ist eine Triangulierung, die für $T_1$ und $T_2$ eine Verfeinerung ist.} \label{fig:topology-3} \end{figure} Nach \cref{kor:simplex-unterteilung} ist $\chi(\partial P_1) = \chi(T_1) = \chi(T) = \chi(T_2) = \chi(\partial P_2) = 2$, weil \obda{} $P_2$ ein Tetraeder ist. \end{enumerate} \end{beweis} \begin{bemerkung}[Der Rand vom Rand ist 0]\label{kor:9.11} Sei $K$ ein endlicher Simplizialkomplex mit Knotenmenge $V$ und $<$ eine Totalordnung auf $V$. Sei $A_n$ die Menge der $n$-Simplizes in $K$, d.~h. \[A_n(K) := \left | \Set{ \sigma \in K | \dim(\sigma) = n} \right | \;\;\; \text{für } n=0, \dots, d=\dim(K)\] und $C_n(K)$ der $\mdr$-Vektorraum mit Basis $A_n(K)$, d.~h. \[C_n(K) = \Set{\sum_{\sigma \in A_n(K)} c_\sigma \cdot \sigma | c_\sigma \in \mdr}\] Sei $\sigma = \Delta(x_0, \dots, x_n) \in A_n(K)$, sodass $x_0 < x_1 < \dots < x_n$. Für $i = 0, \dots, n$ sei $\partial_i \sigma := \Delta(x_0, \dots, \hat{x_i}, \dots, x_n)$ die $i$-te Seite von $\sigma$ und $d_\sigma = d_n \sigma := \sum_{i=0} (-1)^i \partial_i \sigma \in C_{n-1} (K)$ und $d_n: C_n(K) \rightarrow C_{n-1}(K)$ die dadurch definierte lineare Abbildung. Dann gilt: $d_{n-1} \circ d_n = 0$ \end{bemerkung} \begin{beispiel} \begin{figure}[h!] \centering \input{figures/topology-oriented-triangle.tex} \caption{Simplizialkomplex mit Totalordnung} \end{figure} Sei $a < b < c$. Dann gilt: \begin{align*} d_2 \sigma &= e_1 - e_2 + e_3\\ d_1(e_1- e_2 + e_3) &= (c - b) - (c-a) + (b - a)\\ &= 0 \end{align*} Sei $a